Die Geschichte des AFC Girlan

Kollegialität und eine sinnvolle Freizeitgestaltung

Zuerst war das Eisschießen. Schließlich rollte der Ball. Seit nunmehr gut 50 Jahren gibt es den FC Girlan. Lange Zeit genug, die Geschichte zu rekapitulieren und die großen Momente des Vereins – die guten wie die schlechten – wieder aufleben zu lassen.  

Im Frühjahr 1971 kam die Idee für einen Verein auf, Initiator der Gründung war laut Girlan-Chroniken „wohl [der] damalige Ortvorsteher Elmar Tschöll“. Ob es nun Tschöll war, der dem Ganzen die Initialzündung gegeben hat oder nicht, wäre unterm Strich auch nicht der springende Punkt. Allein wäre damals der Primus von Girlan wohl nicht imstande gewesen, dieses Projekt erfolgreich aufzuziehen.

Nachdem man sich vorerst mit dem Eisschießen begnügte, dauerte es nicht lange – genau gesagt gerade einmal ein halbes Jahr – bis auch der Fußball das Interesse der Mitglieder des SC Girlans weckte.

Schon seit geraumer Zeit trafen sich die Burschen aus dem Dorf am Stieracker in der Lamm zum Kicken. Eine Grundstruktur, wie sie ein Verein bieten könnte, gab es dabei nicht. Die Jungen trafen sich aus Eigeninitiative, aus ihrer Liebe zum Ball, der Freude, gemeinsam mit ihren Freunden die Zeit in der frischen Luft zu verbringen und den Pelés und Beckenbauers ihrer Zeit nachzueifern. Besonders „die Kollegialität und eine sinnvolle Freizeitgestaltung“, wie es Präsident Wilfried Albenberger unterstreicht, sind nach wie vor die Maxime, denen man am Stieracker noch heute folgt.

Die ersten Schritte

Zusammen mit Alfons Oberacher vom SC Girlan, Peter Brigl, Mario Larcher und Peter Romen ließ Tschöll keine Zeit verstreichen und meldete die Sektion Fußball unter der Schirmherrschaft des Sportclubs am 5. Oktober 1971 an. Vier dieser fünf Namen – mit Ausnahme von Oberacher – bildeten den ersten Vorstand, mit Larcher hatte man auch schon einen designierten Trainer. Designiert deshalb, da dem ganzen Konstrukt noch ein nicht zu vernachlässigender Baustein fehlte, der den Ball wortwörtlich ins Rollen bringen sollte: eine Mannschaft. Kurioserweise trat man erst fünf Tage später an die Hobbykicker vom Stieracker heran. Doch es bedurfte wohl auch keiner großartigen Überzeugungskraft.

Die erste Amtshandlung unter Führung vom zukünftigen ersten Präsidenten Brigl ließ nicht allzu lange auf sich warten: Alsbald wurde dafür gesorgt, dass das Feld beleuchtet wurde und ein Zaun drumherum aufgebaut wurde. Es war angerichtet, König Fußball hielt in Girlan endgültig Einzug.

Im Herbst 1972 startete die erste Jugendmannschaft im Rahmen der vom VSS ins Leben gerufenen Meisterschaft. Kein Jahr verging und die Fußballer wollten nur noch Fußballer sein. Ziel war die Loslösung vom SC Girlan und die Gründung eines eigenständigen Vereins. Im Frühjahr 1973 war es so weit: Es schlug die Geburtsstunde des FC Girlan.

Die Herrenmannschaft etablierte sich als eine ernstzunehmende Kraft in der dritten Amateurliga, die ihren Höhepunkt, aber auch ihren zwischenzeitlichen Niedergang Anfang und Mitte der 80er-Jahre unter dem zunächst ersten Vorsitz von Wilfried Albenberger, erlebte.

Es sollte einfach nicht sein

In den Saisons 81/82, 82/83 und 83/84 gehörte man zu den Teams, die es zu schlagen galt in der Liga. Jede Saison legte sich wie eine Blaupause auf die nächste: Das ganze Jahr über spielte man in den oberen Plätzen mit, der Aufstieg schien zum Greifen nah. Jedoch sollte es aufgrund eigenen Unvermögens oder schlichtweg Pech nie für den großen Coup reichen. Symptomatisch für den Schicksals-Schlendrian, der sich in diesen Jahren ins Mannschaftsgefüge eingeschlichen hatte, steht die letzte Saison dieses ominösen Trienniums.

Es war der letzte Spieltag der Saison, mit einem Sieg hätte der FC Girlan seinen lang ersehnten Aufstieg in die 2. Amateurliga wahr gemacht. Und zunächst schien auch alles diesem Drehbuch zu folgen. 2-0 führte man gegen Virtus Bozen, als Werner Tonner mit einem Tor der Marke Extraklasse das vermeintliche 3-0 schoss und damit den Deckel drauflegte. Aber wie so oft meinte es der Fußballgott nicht gut mit dem eigenen Team und die Geschichte nahm erbarmungslos ihren Lauf:

Lange Zeit vor zahlreichen Helferlein, die das Schiedsrichterwesen bei der Ausübung ihrer Arbeit unterstützen, übersah der Schiedsrichter aus unbekannten und zugegeben unerklärlichen Gründen das Tor. Lag es an der fehlenden Torlinientechnik oder wäre sogar VAR die einzige Lösung gewesen? Vermutlich hätte es auch einfach gereicht, das Tornetz vor dem Spiel einer Kontrolle zu unterziehen oder die Torlinien etwas besser zu zeichnen. Doch der Konjunktiv war noch keiner Mannschaft ein verlässlicher Wegbegleiter, schon gar nicht den Girlanern im Jahr 1984, die im Gegenzug das 2-1 kassierten und am Ende mit 2-3 das Feld als Verlierer verließen. Ein Punkt sollte sie schließlich vom Aufstieg trennen.

Das Herzstück Jugend

Infolgedessen wurde die Herrenmannschaft aufgelöst. Das Credo lautete fortan geduldige und behutsame Jugendarbeit, die in den Folgejahren mit zahlreichen Erfolgen der Jugendmannschaften ihre Legitimation erfuhr. Sogar ein Megatalent wusste man in seinen Reihen, als Manfred Burger Ende der 80er die Liga planierte und sogar Talentscouts einiger Serie-A-Klubs auf den Plan rief.

Als Trainerfigur hatte sich in diesen Jahren besonders Alfred Albenberger hervorgetan. Zwischen 1985 und 1990 konnten die von ihm trainierten Teams einen Erfolg nach dem anderen vorweisen. Im VSS-Bezirk Überetsch/Unterland konnten sich seine Mannschaften immer unter den besten drei etablieren.

Abgerundet wurde diese erfolgreiche Zeit mit den Landesfinals 1989 in Partschins, für die sich sowohl die B-Jugend als auch die A-Jugend qualifizierte. Da der Fußballgott wieder einmal einen schlechten Tag hatte, wurden die Spiele an diesem 18. Juni 1989 zwar beide verloren, nichtsdestotrotz waren sie sinnbildlich dafür, welch hervorragende Arbeit in diesem Verein geleistet wurde.

Es sollte schließlich nicht lange dauern, bis auch wieder eine Herrenmannschaft ins Leben gerufen wurde, die seitdem immer zischen 2. und 3. Amateurliga umherpendelte. Nach einer Schaffenspause und Intermezzi mit Günther Abraham und Klaus von Dellemann hat auch Präsident Albenberger wieder das Ruder übernommen und führt den Verein bis heute. 2014 schließlich stieg man das letzte Mal auf und etablierte sich seit jeher in der achthöchsten italienischen Spielklasse. Und je nach Blickwinkel hoffentlich (nicht) lange.

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